Kühn sind wir bloss in unseren Träumen
Wann haben Sie das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht? frage ich meine Kunden oft. Die meisten müssen eine Weile nachdenken, um sich an etwas zu erinnern.
Warum schleicht sich so rasch Gewohnheit ein? Weil Routine den Energieaufwand minimiert und uns vor unangenehmen Überraschungen bewahrt. Man nennt es Komfortzone; sie bezeichnet die wohlbekannte und vertraute Welt, die uns Sicherheit vermittelt. Wir wissen, wie es funktioniert und wie wir uns verhalten müssen. Der alltägliche Alltag eben.
Unsere Träume hingegen sind kühner. In unseren Träumen sind wir befreit von Zwängen, verfügen über grosse Talente und unerschöpfliche Energie. Da sind wir Helden und Heldinnen: erfolgreich, schön und glücklich. Und vor allem furchtlos, ohne Angst vor dem Scheitern oder der Zurückweisung: mutig, mächtig und geliebt.
Warum versuchen wir nicht, unsere Träume zu verwirklichen? Ist es die Sorge, Bestehendes zu verlieren? Die Angst, zu scheitern? Bescheidener gefragt: Warum nisten wir uns ein in der Komfortzone? Warum tun wir so selten wieder einmal etwas zum ersten Mal?
Es ist vor allem der emotionale Schmerz der uns prägt. Die Erfahrung zu scheitern, ausgelacht zu werden oder sich lächerlich zu machen, lässt immer zögerlicher werden. Erinnern Sie sich an das Gefühl, als Sie beim Vorsingen den Ton nicht getroffen haben? Wenn die Kollegen im Turnen die Mannschaften zusammenstellen durften und Sie blieben als Letzter übrig? Wissen Sie noch, wie viel Überwindung es Sie gekostet hat, Ihre Angebetete zu fragen, ob sie mit Ihnen an den Abschlussball kommen würde? Und das Gefühl, als sie nein sagte?
Die Schmach, beim Wettschwimmen als Letzte aus dem Wasser zu steigen hält uns davon ab noch einmal anzutreten. Sie wollen sich nicht nochmal lächerlich machen oder ausgelacht werden. Also bleiben Sie am Beckenrand und lernen sich mit dem Zuschauerplatz zu begnügen. Da sind Sie in Sicherheit. Sie können immer noch vom Sieg träumen und sich in Gedanken ausmalen auf dem Podest zu stehen. Sie können sich sogar einreden, dass Sie schon könnten wenn Sie wirklich wollten. Aber Sie wollen eben nicht; so wichtig sei Ihnen das nun auch wieder nicht. Doch auf den Zuschauerrängen können Sie nie gewinnen oder sich verbessern. Sie können nur andere bejubeln oder ausbuhen.
Dass Sie nicht gewinnen können, ist nicht so schlimm. Viel entscheidender ist, dass Sie nie etwas wagen, dass Sie sich der Herausforderung nicht stellen. Sich auf den Zuschauerrang zurückzuziehen ist eine Vermeidungsstrategie. Sie vermeiden Niederlagen, Verletzungen und Schmach. Was verständlich ist. Doch so bringen Sie sich auch um das Gefühl, stolz auf sich zu sein; etwas zu lernen und an einer Herausforderung zu wachsen. Nichts hält lebendiger als zu lernen und zu wachsen. Also: Wann waren Sie zum letzten Mal so richtig stolz auf sich selbst?
Wochen-Challenge – Probieren Sie immer wieder neue Dinge aus. Das lockt Sie aus den gewohnten Bahnen und regt Ihre Kreativität an. Tun Sie jede Woche etwas, das Sie aus der Komfortzone zwingt. Etwas, das Sie Überwindung kostet. Trainieren Sie das Gefühl, sich zu überwinden. Es wird mit jedem Mal einfacher. Weil Sie an Selbstvertrauen aufbauen.
Lernen Sie zu lernen – Wie wär es mit Kite Surfen, Sushi rollen, gelber Gurt im Karate, Alphorn blasen, einen Tisch schreinern, ...? Lernen heisst, sich eine neue Fähigkeit anzueignen. Sie brauchen Anleitung, wollen ausprobieren und üben, müssen Rückschläge einstecken und Lernblockaden aushalten, durchhalten und dürfen schliesslich stolz auf Fortschritte sein. Machen Sie das zum Alltag.
Produzieren statt konsumieren – Statt TV oder Netflix zu schauen, drehen Sie selber die neue Folge Ihrer Lieblingsserie mit Ihren Nachbarn. Falls Sie keine Lieblingsserie haben, fragen Sie Ihre Nachbarn nach deren Lieblingsserie. Falls Sie keine Nachbarn haben, verfilmen Sie Robinson Crusoe.
Tun Sie, wovor Sie sich am meisten fürchten – Geben Sie öffentlich Referate über Ihr Hobby. Oder setzen Sie sich auf einen belebten Platz und stellen ein Schild auf: Ich erzähle Kurzgeschichten – gratis. Wenn Ihnen viel schrecklichere Dinge in den Sinn kommen, tun Sie diese.
Lernen Sie fragen – Wie oft sagen Sie: «das weiss ich nicht?» Lernen Sie transparent zu machen, wenn Sie etwas nicht wissen. Fragen Sie Ihre Mitarbeitenden nach deren Technik, lassen Sie sich etwas erklären oder beibringen. Es macht Sie menschlicher und nahbarer. Und es vergrössert Ihr Wissen an möglichen Lösungswegen.